Erläuterung zu den 3 Wappenscheiben:
Es handelt sich links um die Abbildung des heiligen Vinzenz und in der Mitte um eine Berner Wappenscheibe mit Reichsadler. Glücklicherweise fällt ihre Datierung leicht, weil die Freiburger
Wappenscheiben rechts neben dem Berner Wappen mit der Jahrzahl 1516 datiert ist. Kunsthistorische Vergleiche lassen vermuten, dass diese bald 500-jährigen Glasfenster aus der Werkstatt des
bekannten Berner Künstlers Niklaus Manuel stammen.
Beim heiligen Vinzenz handelte es sich um den alten Schutzheiligen von Bern. Er war ein spanischer Bischof und Märtyrer, und bereits der Vorgängerbau des Berner Münsters, die alte Leutkirche, war
ihm geweiht gewesen. Als dann die Berner Obrigkeit ab 1421 das neue, mächtige Münster zu bauen begann, wollte man auch unbedingt eine gute und dem Rang der neuen Kirche entsprechende Reliquie des
Schutzheiligen haben. So hat dann 1463 ein Magister Johannes Bäli im Auftrag der Berner das Haupt des heiligen Vinzenz in der Kölner Lorenzkirche gestohlen.
Nachdem die Reliquie erfolgreich und sicher in Bern angekommen war, und die Burgunderkriege als Heilsbestätigung gewonnen, nahm die Vinzenz-Verehrung im ganzen Standesgebiet von Bern nochmals zu,
und auch in verschiedenen Landkirchen wurden Vinzenzscheiben angebracht – so auch in Neuenegg. Seine beiden Kennzeichen, der Palmwedel und das Evangelium, zeigen uns seine südliche Herkunft und
seine Treue zum Evangelium, um dessentwillen er Martyrium und Tod auf sich nahm.
Auch das Berner Wappen ist interessant. Die Reichsadler zeigen uns an, dass sich Bern 1516 noch als Teil des Deutschen Reichsverbandes betrachtete. Faktisch machte man zwar mehr oder weniger was
man wollte, aber nomineller Oberherr war immer noch der Kaiser. Auch bei dieser Scheibe sind die Details sehr sorgfältig gearbeitet. Oben links und rechts sehen wir zwei Bären mit Pfeife und
Trommel, den damaligen Begleitinstrumenten bei Kriegszügen. Dass sich das alte Bern gerne als wehrhaften Staatsverband darstellte, zeigen auch die beiden Löwen, welche die Wappen umgeben und der
Helm unter dem oberen Adler. Dass auch das Freiburger Wappen in unserer Kirche zu finden ist, zeigt an, dass vor der Reformation auch noch Teile aus dem heutigen Kanton Freiburg zur Kirchgemeinde
Neuenegg gehörten. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein fühlten sich die seit der Religionsfreiheit immer häufigeren Reformierten im freiburgischen mit Neuenegg verbunden und wurden auch hier
konfirmiert.
Was bei einer fotographischen Abbildung nur sehr begrenzt zur Geltung kommt, sind die prächtigen Farben, welche bei einem Glasfenster ganz wesentlich sind. Links das kräftige und sich verändernde
Rot beim Mantel des Heiligen, und beim Berner Wappen das tiefe Goldgelb der Löwen, um nur zwei Beispiele der intensiven Farbwirkung zu erwähnen. Es lohnt sich unbedingt, die Glasscheiben wieder
einmal gründlich in der Kirche anzuschauen.